Das Castillo Morales Konzept
Liebe Eltern!
Sie haben für Ihr Kind ein Physiotherapierezept bekommen. Der Kinderarzt hat eine Physiotherapiebehandlung „nach dem Castillo Morales Konzept“ ausgestellt.
Sie fragen sich, was bedeutet dies für uns als Eltern und für unser Kind?
Die Behandlung nach dem Castillo Morales Konzept.
Sein sensomotorisches Behandlungskonzept entwickelte Castillo Morales aus der jahrelangen Erfahrung mit Kindern mit muskulärer Schwäche heraus.
Wie entstand das Castillo Morales Konzept?
Rodolfo Castillo Morales war der Sohn einer kinderreichen Familie. Er wuchs in Argentinien auf. Erzogen unter dem Einfluss von Eingeborenen, die mit in seinem Elternhaus lebten, die seine Beobachtungsgabe schärften und ihm ihr ursprüngliches Wissen beibrachten, entschloss er sich früh, Medizin zu studieren. Bereits während des Medizinstudiums widmete er sich der Rehabilitation. Seit über 30 Jahren leitet er ein Rehabilitationszentrum für Kinder und Erwachsene in Cordoba/ Argentinien.
Er entwickelte ein Konzept, das mit sensorischen und orofazialen (Mund- und Gesichtsbereich betreffend) Schwerpunkten ausgerichtet war, die sogenannte „Neuromotorische Entwicklungstherapie“ (NET) und die „Orofaziale Regulationstherapie“ (ORT).
Was ist die orofaziale Regulationstherapie?
Unter orofazialen Funktionen werden sensorische und motorische Auffälligkeiten im Mund- und Gesichtsbereich verstanden, also Zungenvorverlagerung, offener Mund, Mundatmung, Kau-und Schluckstörungen, übermäßiger Speichelfluss, Zahnstellungs- und Bisslageabweichungen, Trinkstörungen, sowie Sprachstörungen. Castillo Morales sammelte seine ersten Erfahrungen für seine orofaziale Therapie bei Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten und Kindern mit Morbus Down Syndromen. Heute steht das Konzept für die Therapie verschiedener sensomotorischer Störungsbilder im Mund- und Gesichtsbereich.
Am Beispiel eines Kindes mit Morbus Down Syndrom sei aufgezeigt, welche orofazialen Auffälligkeiten bestehen können:
- Die Trinkschwäche im Säuglingsalter
- Der offene Mund;
- Ein erhöhter Speichelfluss;
- Die hypotone (zu wenig angespannte), vorverlagerte und auch aktiv vorgestreckte Zunge, die im Vergleich zur kleinen Mundhöhle relativ zu groß wirkt;
- Die Hypotonie (Unterspannung) von Lippen, Wangen und der übrigen Mundmuskulatur
- Die Pseudoprogenie (scheinbares Vorstehen des Unterkiefers)
- Die Behinderung der expressiven Sprachentwicklung;
- Die hohe Infektanfälligkeit
Bei Kindern mit Morbus Down Syndrom ist zunächst fast immer eine physiotherapeutische Behandlung der Hypotonie und der charakteristischen Aufrichtemängel im Rumpf notwendig. Dieses erfordert neurophysiologische Behandlungsmethoden wie z. B. denen nach Bobath oder Vojta. Die richtige Körperhaltung ist eine wichtige Voraussetzung für den Beginn der orofazialen Regulationstherapie.
Die orofazialen Regulationstherapie setzt sich aus verschiedenen Übungen zusammen, wie z. b. der Basisübung, Übungen im Gesichtsbereich und innerhalb des Mundes. Die Gaumenplatte ist ein wichtiges Hilfsmittel in der orofazialen Regulationstherapie. Sie ist bei mangelndem Erfolg der manuellen Übungen notwendig und unterstützt diese. Es benötigen nur etwa ein Drittel aller Kinder mit Morbus Down, die mundmotorisch auffällig sind, eine Gaumenplatte. Sie dient dann zur passiven Stimulation von Zunge und Lippen und wird mit dem Ziel eingesetzt, abweichende Bewegungsmuster zu bremsen oder umzulenken und neue Bewegungen anzubahnen.
Um eine sinnvolle Behandlung mit den Übungen und der Gaumenplatte im Rahmen der orofazialen Regulationstherapie zu gewährleisten, ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Physiotherapeutin und Eltern unablässig.
Bei der Arbeit am orofazialen Komplex müssen wir bedenken, dass der Mund- und Gesichtsbereich mit zu den sensibelsten und intimsten Zonen des menschlichen Körpers gehört. Wir müssen dem Kind Sicherheit vermitteln und ihm genügend Zeit lassen, Vertrauen zu gewinnen.
Welche Störungsbilder werden mit der orofazialen Regulationstherapie behandelt?
- Verschiedene Hypotoniesyndrome,
- Frühgeborene,
- Kinder mit Perzeptionsstörungen,
- Mehrfachbehinderte Kinder,
- Kinder mit MMC,
- Mit peripheren Paresen,
- Mit Sensomotorischen Retardierungen
Das Menschenbild, welches Castillo Morales vermittelt, ist für jeden erfahrbar, der ihn in einer Behandlungssituation mit Kindern erlebt hat. Die Person des Menschen mit Behinderung stellt Castillo Morales in den Mittelpunkt seiner Behandlung. Es sollen keine Verhaltensweisen eingeübt werden, sondern es wird den Kindern ein Weg gezeigt, sich Entwicklungsschritte selbst zu erarbeiten. So kann es zu einem vertrauensvollen Dialog in Gegenseitigkeit als grundlegende Voraussetzung jeder therapeutischen Situation kommen. Nur ein Mensch, der sich wohl fühlt, spielt, probiert und lernt.
Weitere Informationen finden Sie auch unter: www.castillomoralesvereinigung.de